Wenn der Mond am Himmel steht, denk ich an dich by Ellis Deborah

Wenn der Mond am Himmel steht, denk ich an dich by Ellis Deborah

Autor:Ellis, Deborah [Ellis, Deborah]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: cbj
veröffentlicht: 2015-11-01T16:00:00+00:00


ELF

Die Geräusche des erwachenden Tags drangen ins Zelt.

Es waren fröhliche Geräusche – Kinder spielten, leichte Arbeiten wurden verrichtet. Der Rauch eines Holzfeuers mischte sich mit dem Geruch der Tierhäute, aus denen das Zelt bestand, und dem Modergeruch der alten Wolldecke, unter der Farrin lag. Sie hielt die Augen noch eine Weile geschlossen, um den Moment auszukosten.

Wenn sie ihre Großeltern besuchte, konnte sie besser schlafen als sonst. Vielleicht lag es an der frischen Luft, vielleicht an der Nähe der anderen Frauen und Kinder, die auf bequemen Teppichen und Matten im selben Schlafzelt lagen.

Langsam wurde sie wach. Sie spürte jemanden neben sich und wusste, dass es Sadira war. Die anderen waren schon aufgestanden und hatten das Zelt verlassen. Sie vergrub das Gesicht in Sadiras Haar und atmete den zarten Duft von Jasmin ein. Dann legte sie den Arm um Sadira, die sie ihrerseits umfasste.

Gab es einen schöneren Ort auf der Welt?

»Beeilt euch lieber, bevor euch die anderen das ganze Frühstück …« Farrins Großmutter hörte mitten im Satz auf zu sprechen, als sie sah, wie die Mädchen dalagen.

Als Farrin und Sadira ihr Gesicht sahen, rückten sie schnell auseinander.

»Guten Morgen, Großmutter«, sagte Farrin, als sei nichts geschehen. »Hast du gut geschlafen?« Sie hielt immer noch Sadiras Hand und ließ sie auch nicht los.

Ihre Großmutter schloss die Zeltklappe und kam dann so nah, dass sie leise mit den Mädchen sprechen konnte.

»Ich habe gehört, dass deine Mutter tot ist«, sagte sie zu Sadira. Und zu Farrin: »Und deine ist …« Es war nicht nötig, diesen Satz zu beenden. »Deswegen hat wahrscheinlich noch niemand mit euch über diese Dinge gesprochen.«

»Welche Dinge, Großmutter?«

»Ihr seid Freundinnen. Gut und schön. Aber dabei sollte es bleiben. Macht aus eurer Freundschaft nichts Unnatürliches, nichts Hässliches. Ihr solltet nicht Händchen halten. Kein Mann will euch heiraten, wenn ihr so mit anderen Mädchen umgeht. Hört damit auf! Sonst ruiniert ihr eure Zukunft. Dieses eine Mal lasse ich es durchgehen, weil ihr es nicht besser wusstet. Aber es darf nie wieder vorkommen. Habt ihr verstanden? Damit ist dieses Thema ein für alle Mal beendet.« Sie richtete sich auf und ging aus dem Zelt. Über die Schulter sagte sie noch: »Frühstück ist fertig.«

Dann waren die Mädchen wieder allein.

»Wir sollten lieber aufstehen«, sagte Farrin.

Sie kamen hoch und falteten ihre Decken zusammen.

»Sie schien ziemlich wütend zu sein«, sagte Sadira. »Das tut mir leid. Ich wollte keinen Keil zwischen euch treiben.«

Schweigend machten sie die Betten der anderen.

Bevor sie das Zelt verließen, sagte Farrin: »Mir tut es nicht leid.«

Sie lächelten sich an und gingen hinaus in den hellen Tag.

Als sie zu den anderen stießen, war alles genau wie am Tag zuvor. Farrins Vater war bestens gelaunt, die Frauen gingen ihren Arbeiten nach, und die Männer saßen bereits rauchend und redend beisammen.

Farrin und Sadira schlossen sich verschiedenen Frauengrüppchen an. Sadira half beim Ziegenmelken, Farrin beim Gemüseputzen.

Als sie von einem Haufen Zwiebeln aufschaute, sah sie, dass ihre Großmutter und ihr Vater etwas abseits von den anderen in ein Gespräch vertieft waren. Sie konnte nicht hören, worüber sie redeten, aber sie sah die beiden aufgeregt gestikulieren.



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